4. Oktober 2019: Großbardau

19 Uhr, Pfarrscheune Großbardau
Alte Schulstraße 12, 04668 Grimma

PROGRAMM

Das Offenbare Geheimnis
Kurzfilm von Eva Könneman
30 min, Deutschland 2015

Emmelsum liegt in Nordrhein-Westfalen, im Kreis Wesel. Das Dorf zählt 300 Einwohner und gehört zur Stadt Voerde. Laut Wikipedia gibt es dort „keine besonderen Sehenswürdigkeiten“, auch auf der dorfeigenen Homepage wird nichts „Besonderes“ aufgeführt. Die Filmemacherin Eva Könnemann hat dies gereizt. Denn es gibt doch keinen Ort auf der Welt, wo es „nichts“ gibt. Dieses „Nichts“ ist doch an sich schon interessant. Und so reist sie nach Emmselsum – und setzt sich dort erst einmal auf eine Bank am Ortseingang. Diese Bank ist ihr Startpunkt. Und für den Zuschauer der Beginn einer ungemein unterhaltsamen Reise durch einen Ort, in dem nichts wirklich Spannendes passiert. Seine Faszination und Spannung erhält DAS OFFENBARE GEHEIMNIS durch die filmische Gestaltung und den Kommentar der Filmemacherin selbst. Sie beschreibt noch mehr als die Umstände und Vorgänge der Dreharbeiten ihre eigenen Gedanken. Und die gehen über das Filmische hinaus. Ganz selbstreflexiv redet Könnemann über ihre Befindlichkeiten, von einer Beobachterin im Dorf zur Beobachteten zu werden. Von der Hinterfragung ihrer eigenen Motivation als Filmemacherin. Am Ende des Films ist man Menschen aus Emmelsum begegnet, die Könnemann nie ausstellt, sondern mit respektvoller Distanz begleitet und befragt. Man ist mit der Regisseurin durch die leeren Straßen gegangen, hat in ambitioniert gestaltete Gärten geschaut und das dörfliche Vereinsleben mit all seinen Traditionen und Eigenheiten kennengelernt. Und man hat einen Einblick in das Filmemachen und in das Innenleben einer Filmemacherin erhalten. DAS OFFENBARE GEHEIMNIS ist ein großer Film über ein kleines Fleckchen Erde, das nichts zu bieten hat. Und doch so viel besondere filmische Momente möglich macht.

Komunia
Dokumentarfilm von Anna Zamecka
74 min, Polen 2016
Original mit dt. Untertiteln

Ola ist ein ganz normales Mädchen mit einer Sehnsucht nach stabilen Verhältnissen. Doch die kleine Welt, die sie mit aller Kraft bewahren will, bleibt ein Kartenhaus. Mit 14 ist sie bereits in die Rolle der abwesenden Mutter geschlüpft, erzieht ihren autistischen Bruder Nikodem und telefoniert ihrem Vater hinterher, damit er nicht in der Kneipe versackt. Zu dritt leben sie auf engstem Raum zwischen uralten Mustertapeten. Wenn die Waschmaschine schleudert, müssen die labilen Möbelstücke festgehalten werden. Trotzdem hofft Ola weiter auf die Rückkehr der wirklichen Mutter.
Dreh- und Angelpunkt ist Nikodems bevorstehende Kommunion. Hier in der polnischen Provinz bleibt der Religionsunterricht einer der letzten Fixpunkte, auch wenn er offenkundig an den Problemen vorbeigeht. Wenn Ola ihren Bruder für diesen Tag trimmt, ihm die schwärzesten Szenarien im Fall seines Versagens ausmalt (denn die Sünde lauert überall), entfaltet sich vor der Kamera das intensive und emotionsreiche Verhältnis zwischen zwei auf sich gestellten Jugendlichen. Dazu gehören Olas Wutausbrüche und die kurzen Momente des Glucks, die sie erlebt, ebenso wie Nikodems fast anarchisches Fehlverhalten und seine selten abbrechenden Satzfetzen, die wie höhere Weisheiten klingen. Der Realität, die kaum Raum zum Atmen lässt, eingefangen mit beklemmender Unmittelbarkeit, setzen die Teenager all ihre Lebenskraft entgegen.

Mit anschliessendem Publikumsgespräch und Getränken.